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 Ihringen am Kaiserstuhl
       

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Blick vom Winklerberg nach Osten über Ihringen zu Freiburg und Schwarzwald am 13.4.2008
Blick vom Winklerberg nach Osten über Ihringen zu Freiburg und Schwarzwald am 13.4.2008

11 Jugendliche wollen an jüdische Mitbürger ihres Heimatortes erinnern

Die Zusammenführung unterschiedlicher Erkenntnisse über die jüdische Geschichte Ihringens hat sich eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern mit ihrem Projekt "Spurensuche" als Ziel gesetzt. Geleitet wird es von Frank Forster, dem Jugendpfleger der Gemeinde.
 
Am Samstag, 12. Juli 15.30 Uhr findet ein Hearing im Jugendzentrum (Juze) am Hinterhöfweg statt. Zeitzeugen aus Ihringen sind eingeladen, den Jugendlichen ihre Erinnerungen an das Zusammenleben mit und die Vertreibung von jüdischen Mitbürgern aus Ihringen mitzuteilen. Seit März treffen sie sich die Jugendlichen regelmäßig im Ihringer Juze und planen, organisieren und knüpfen Kontakte zu Ihringern, die sie als Zeitzeugen interviewen wollen. Als im Sommer vergangenen Jahres der Jüdische Friedhof in Ihringen von Jugendlichen geschändet wurde, entstand die Idee, die Aufarbeitung der über Jahrhunderte alten Geschichte der Ihringer Juden unter Beteiligung junger Menschen voran zu bringen. Bürgermeister Martin Obert, Schirmherr des Projekts, beauftragte Jugendpfleger Frank Forster mit der Aufgabe. Nach wenigen Wochen hatte dieser eine Gruppe von 11 Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 19 Jahren gefunden, die an der Mitarbeit bei dem Projekt Interesse zeigten. Weil, wie die 17-jährige Clara Hildebrandt findet, "dies ein Thema ist, mit dem sich deutsche Jugendliche einfach beschäftigen müssen" , oder, wie der gleichaltrige Ralph Merettig sagt, "zur Auseinandersetzung mit unserer Geschichte, auch die der Judenverfolgung und -vernichtung während der Nazizeit gehört" . Mehr darüber zu erfahren erhofft sich Julia Knoppe (19) von der Mitarbeit am Projekt. "Ich weiß einfach viel zu wenig darüber und hoffe, gerade über die Beschäftigung mit der jüdischen Geschichte meines Wohnortes mehr darüber lernen zu können." Die Projektgruppe will eine Ausstellung zum Thema zusammenstellen, eine Dokumentation erstellen und einen Film über die Arbeit der Jugendlichen am Geschichtsprojekt produzieren. Dazu versicherten sie sich professioneller Hilfe des Freiburger Filmemachers Bodo Kaiser, der schon mehrere Filme zu dieser Thematik gedreht hat. Der 16-jährige Julian Dewis ist leidenschaftlicher Hobbyfilmer und hat bereits damit begonnen, die Sitzungen der Projektgruppe mit der Videokamera festzuhalten. "Es geht nicht allein darum, die Ergebnisse unserer Arbeit zu dokumentieren, sondern auch, wie sich die Jugendlichen diese erarbeitet haben" , erläutert Jugendpfleger Forster. Erster Schwerpunkt der Spurensuche ist die Aufarbeitung des Schicksals der Juden aus Ihringen während des Nationalsozialismus’. In den nächsten Wochen werden die Jugendlichen dazu Interviews mit Zeitzeugen führen, die über ihre Erinnerungen an die Nazizeit und die Vertreibung und Deportation der jüdischen Mitbürger berichten wollen. Als Vorbereitung darauf wird eine Freiburger Geschichtslehrerin die Teilnehmer der Projektgruppe über Funktion und Bedeutung von Zeitzeugengesprächen unterrichten. In der Breisacher BZ-Redaktion werden die Jugendlichen eine Einführung in die Interviewtechnik erhalten. Außerdem wollen sie auf einem Ortsplan und in Fotos Häuser, in den jüdische Familien in Ihringen lebten, festhalten und Dokumente sammeln, die im Zusammenhang mit dem Schicksal der Juden in ihrem Heimatort stehen. Dazu soll eine Aufstellung erarbeitet werden, wie jüdischen Mitbürger in den 30er Jahren emigrieren konnten und welche von den Nazis deportiert und in Konzentrationslagern umgebracht wurden. "Es gibt bereits biografische Aufzeichnungen von Bürgern über diese Zeit" , berichtet der Jugendpfleger. "Die wollen wir zusammentragen, damit sie Teil der Dokumentation und somit öffentlich zugänglich gemacht werden können" . Ältere Mitbürger haben bereits ihre Zuarbeit für das Projekt, das der generationsübergreifenden Verständigung dienen soll, signalisiert. Unter ihnen sind auch einige, die bis heute Kontakt zu Nachkommen von Ihringer Juden halten, von denen die meisten im Ausland leben. Am 9. November, dem 70. Jahrestag der Pogromnacht von 1938, in der die Nationalsozialisten systematisch in ganz Deutschland Synagogen in Brand setzten und jüdische Geschäfte zerstörten und plünderten, sollen Film und Dokumentation in Ihringen präsentiert werden. Die Ausstellung wird von den Jugendlichen zu einem späteren Zeitpunkt fertig gestellt.
Kai Kricheldorff, 11.7.2008, www.badische-zeitung.de

 

 

Spuren der jüdischen Geschichte: Filmprojekt für Jugendliche

Blick nach Osten über den jüdischen Friedhof (Mitte, bei den Bäumen) auf Ihringen am 13.9.2007    
Blick nach Osten über den jüdischen Friedhof (Mitte, bei den Bäumen) auf Ihringen am 13.9.2007    
Jüdischer Friedhof Ihringen am 5.11.2007 - Blick nach Norden Jüdischer Friedhof Ihringen am 5.11.2007 - Blick nach Südosten
Jüdischer Friedhof Ihringen am 5.11.2007 - Blick nach Norden Jüdischer Friedhof Ihringen am 5.11.2007 - Blick nach Osten Jüdischer Friedhof Ihringen am 5.11.2007 - Blick nach Südosten bis Ihringen

Junge Ihringer wollen sich mit einem schwierigen Kapitel der Geschichte befassen / Filmemacher Bodo Kaiser unterstützt sie dabei


Über Jahrzehnte hinweg wohnten in Ihringen jüdische Familien Haus an Haus mit den christlichen Nachbarn, bis sie zu Zeiten des Nationalsozialismus, wie überall im Land, grausam vertrieben wurden. Kaum einer wagte nach dem Krieg sich mit dieser Tatsache auseinanderzusetzen, zu groß war das Schamgefühl, zu nah erschien den meisten das Geschehen. Nun soll sich das ändern. Unter der Leitung von Jugendzentrumsleiter Frank Forster und auf Wunsch der Gemeinde wollen sich Jugendliche in einem Projekt mit der jüdischen Geschichte des Dorfes auseinandersetzen. Ein erstes Treffen zum Austausch der Vorstellungen hat bereits stattgefunden. Der Ihringer Bürgermeister Martin Obert begrüßte die Anwesenden und begründete die Notwendigkeit dieses Projekts. "Wir müssen versuchen neue Wege im Umgang mit unserer jüdischen Geschichte zu gehen" , meinte er und mahnte an, dass alten Ressentiments begegnet und Aufklärung gefördert werden müsse. Die Jugendlichen seien seiner Meinung nach prädestiniert für diese Aufgabe, da sie durch den zeitlichen Abstand unbelastet an die Erforschung dieses Kapitels der Gemeinde herangehen könnten. Obert betonte, dass es ein Ihringer Projekt sein soll, unabhängig von dem, was in Nachbargemeinden erarbeitet wurde. Wie der Sozialarbeiter Frank Forster mitteilte, sind zahlreiche Jugendliche, unter anderem auch Mitglieder der Landjugend, an der Mitarbeit bei diesem Projekt interessiert, es konnten aber wegen Terminschwierigkeiten nur einige an dem Treffen teilnehmen. Umso zahlreicher erschien dafür eine Reihe von Erwachsenen, unter anderen auch Zeitzeugen, die viel zu erzählen haben und die den Jugendlichen gerne Rede und Antwort stehen möchten. In welcher Form man die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentieren möchte, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau fest. Ob ein Film entstehen kann, oder eine Ausstellung angesteuert wird, oder beides verfolgt wird, blieb zunächst offen. Gewinnen konnte man jedenfalls den Freiburger Filmemacher Bodo Kaiser, der mit einigen Filmen zum Thema bereits viel Erfahrung mitbringt. So zeigte
Bodo Kaiser den Anwesenden Ausschnitte aus seinen Filmen "Die Judengasse" und "Rückkehr in die vergessene Schule" , bei dem er teilweise auch in Ihringen gefilmt hat. Damit wollte er Denkanstöße geben, wie man sich dem Thema nähern könnte. Es zeigte sich jedoch in der anschließenden Fragerunde, dass bei den Jugendlichen schon einige Vorstellungen gereift waren, wie man vorgehen könnte. Vom Aufsuchen und Dokumentieren baulicher Zeugnisse jüdischen Lebens, über Interviews mit Zeitzeugen, auch solcher, die die Vorgehensweise damals gut fanden, bis zur Auseinandersetzung mit jüdischen Bräuchen und Riten, reichten die Vorschläge. Auch die anwesenden älteren Ihringer brannten darauf, ihre Erinnerungen mitzuteilen. Man einigte sich auf ein baldiges Treffen, um konkrete Pläne zu fassen. Denn wenn es irgendwie zu bewerkstelligen ist, sollen bis zum 9. November dieses Jahres Ergebnisse vorliegen.
fsn, 25.3.2008, BZ


Die Gemeinde Ihringen startet im Frühjahr ein Filmprojekt für Jugendliche über die jüdische Geschichte Ihringens.


Mit Unterstützung des Freiburger Filmemachers Bodo Kaiser werden Jugendliche in der Gemeinde auf "Spurensuche" gehen und unter anderem Zeitzeugen befragen, wie sich früher ein gemeinsames Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Religionen gestaltete. Das Projekt soll im Herbst diesen Jahres abgeschlossen werden und das Ergebnis am 9. November bei der Gedenkfeier präsentiert werden. Am Donnerstag, 13. März. 18 Uhr findet im Jugendzentrum Ihringen eine Informationsveranstaltung zu dem Filmprojekt statt. Unter anderem wird Bodo Kaiser einige seiner abgeschlossenen Projekte vorstellen. Jugendliche und Erwachsene, die sich eine Beteiligung an dem Projekt vorstellen könnten oder Interesse an dem Thema haben, sind eingeladen erste Eindrücke zu sammeln und die Beteiligten kennenzulernen.
10.3.2008, Bodo Kaiser

 

Vom jüdischen Friedhof Ihringen zum Arboretum Liliental

Der Frühling ist am Kaiserstuhl immer etwas früher dran - und das Wissen um Ihringen als wärmsten Ort Deutschlands steigert die gefühlte Wärme noch etwas. Wir starten am jüdischen Friedhof Ihringen, lassen den Blankenhornsberg links liegen und marschieren direkt das Duttental hoch. An der Wilden Steige macht uns ein Schild auf Hirschkäfer, Elsbeere und Schlingnatter aufmerksam, aber zu entdecken ist nur die rare Elsbeere, berühmt für einen kostbaren Schnapps. Wir wählen ein Stück weit den Knabenkrautpfad, biegen aber dann in Richtung Neunlindenturm ab. Ein kleiner Umweg in Richtung Liliental kann nicht schaden. Das Wetter hat nicht nur Wanderer und Spaziergänger mobilisiert, sondern auch Mountainbiker. Am 479 Meter hohen Gierstein wird bereits fröhlich gevespert, alle Bänke sind belegt. Wir bleiben auf dem Weg zum Neunlindenturm, der bereits zwischen den noch kahlen Ästen auszumachen ist. In der letzten Senke vor dem Totenkopf schickt uns ein halb verstecktes Schild nach rechts zu unserem eigentlichen Ziele, dem Liliental mit seinem Arboretum, dem 80 Hektar großen Versuchsgelände der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt.

Der Einfachheit halber nehmen wir eine Abkürzung durch ein Wäldchen mit kleinen Fichten, die in Reih und Glied angepflanzt wurden. Kleine Schilder, verraten, wo die Bäume oder Saatgut Herkommen: aus St. Blasien und Menzenschwand. Interessanter sind die beiden nächsten Stationen: Douglasien-Nachkommenschaftsprüfung und eine Kiefernsamen-Plantage. Gegenüber kündet eine hohe Glaswand mit Metallstreben von dem 2001 gestarteten Versuch, das Arboretum mit Kunst aufzuwerten. Bei näherem Hinsehen zeigt sich allerdings, dass das Objekt Gegenstand sinnloser Zerstörungswut war: Etliche Scheiben sind durch Schüsse oder Steinwürfe beschädigt, das Schild, welches das Kunstwerk erklärte und Künstler nennt, ist abgerissen. Wir trösten uns beim Studium der verschiedenen noch blattlosen Apfel-und Kirschbäume und gehen durch den interessanten Wald mit den japanischen Baumarten — Ergebnis der Japanreise eines Landesforstpräsidenten und vor mehr als 35 Jahren angelegt. Aber die übrigen Nadelbäume von fernen Kontinenten beeindrucken mal durch ihre Höhe, wie die Sequoia, durch ihre gedrungene Breite wie der Juniperus chinensis.

Beim Gasthaus "Zur Lilie" brummt der Bär. Maultaschen, Schnitzel und Wurstsalat versprechen die Tafeln an der Wand, und die Sonntagsausflügler langen kräftig zu. Wir entscheiden uns lieber noch einmal für einen der Rundwege durch das Gehölz und zweigen in Richtung Lenzenberg ab. Vorbei an der früheren Klinik Liliental, heute eine imposante, viel bestaunte private Villa mit eigenem Schmalspur-Eisenbähnle, liegen einige der schönsten Hohlwege des Kaiserstuhls vor uns. Informationstafeln klären über Entstehung und die aufwendige Erhaltung dieser vom Menschen geschaffenen Naturdenkmale auf. Sauwasen und Himmelburg belegen die Fantasie der Ihringer bei der Wahl der Gewannbezeichnungen. Die Martinshöfe sind noch im Winterschlaf. Doch unterhalb des selbst bei Elsässern und Schweizern beliebten Gasthauses Lenzenberg herrscht ein veritables Parkplatzchaos. Vermutlich ist der südliche Kamm des Kaiserstuhls nicht nur wegen der sonnigen Lage stärker besucht als Staffel- oder Katharinenberg im Norden, sondern weil man die Ziele hier bequem mit dem Auto erreichen kann. Wir genießen noch einmal den Ausblick auf den Schwarzwald, dessen Panorama vom Kandel bis zum Blauen reicht und mit den weißen Häubchen auf Feldberg und Belchen wie eine ferne Erinnerung an den Winter anmutet.
Ein Stück weit führt uns wieder der Knabenkrautweg in Richtung Ausgangspunkt, vorbei an kleinen Rebterrassen, den ersten Forsythien und Narzissen. Hier verlassen wir den offiziellen Wanderweg und nehmen Abkürzungen auf kleinen Wirtschaftswegen durch die Reben. Manch schmaler und steiler Stieg erinnert daran, dass Weinbau in solchen Lagen mit harter Arbeit verbunden ist. Auf dem letzten Stück jenseits des Krebsberges im Duttental werden die Terrassen wieder breit und auf geteerten Wegen leicht erreichbar.
Nach mehr als fünf Stunden und gut 20 Kilometern sind wir wieder am Ausgangspunkt, wo ein Tisch und zwei Bänke zu einem letzten Aufenthalt einladen. Und immer wieder Ausflügler vergeblich ihr Glück an der verschlossenen Tür zum Jüdischen Friedhof versuchen.
Rolf Müller, 29.2.2008, www.badische-zeitung.de

Parkplatz beim jüdischen Friedhof Ihringen: GPS-Daten E 48Ú 2’ 44,5’’, N 07Ú 38’ 43,9’’

Arboretum im Liliental: www.fva-bw.de
Führung zum Thema Orchideen im Liliental am Samstag, 10. Mai 2008, 14 Uhr, Naturzentrum Kaiserstuhl, Infos und Anmeldung unter Telefon: 07668/9343

Jüdischer Friedhof: Den Schlüssel gibt es auf dem Rathaus in Ihringen, allerdings nur zu den üblichen Bürozeiten (ebenfalls Telefon: 07668/9343)

 

 

Friedhofsschändung: Vier junge Männer vom Amtsgericht FR verurteilt

Vier junge Männer sind gestern vor dem Freiburger Amtsgericht für schuldig befunden worden, den jüdischen Friedhof in Ihringen geschändet zu haben. Die Angeklagten im Alter zwischen 28 und 16 Jahren wurden zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung sowie zu ein und zwei Wochen Jugendarrest verurteilt. Ein Jugendlicher muss zudem 60 Arbeitsstunden ableisten. Die Öffentlichkeit war von der Verhandlung ausgeschlossen worden. Über das Motiv der Tat wurde gestern nichts bekannt.

Die Angeklagten mussten sich wegen Störung der Totenruhe und Sachbeschädigung verantworten. Sie haben vergangenen August auf dem jüdischen Friedhof 71 Grabsteine umgestoßen, mehrere gingen dabei zu Bruch. Die Tat hatte große Bestürzung in Ihringen und der Region ausgelöst. Eine Woche nach der Tat wurden die Vier identifiziert. Sie stammen aus den Kreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald. Der 28-jährige Handwerker, der seither in Untersuchungshaft saß, war außerdem wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Gefährdung des Straßenverkehrs auf der Flucht angeklagt. Das Gericht hat ihm für zehn Monate den Führerschein entzogen. Gleich zu Beginn der Verhandlung hatte das Jugendgericht auf Antrag der Verteidiger die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Gerade den jüngeren Angeklagten könnte es schwer fallen, über ihre Beweggründe offen vor Publikum zu sprechen, so einer der Anwälte. Gegen das Urteil können noch binnen einer Woche Rechtsmittel eingelegt werden.
23.11.2007, BZ

 

Gedenken an die Pogromnacht vor 69 Jahren

Auch in diesem Jahr erinnerten Kirchengemeinde, politische Gemeinde und Schüler der Neunlindenschule mit einer Gedenkfeier am Synagogenplatz an die Reichsprogromnacht am 9. November 1938. Als äußeres Zeichen legten Bürgermeister Martin Obert und Pfarrer Peter Boos am Gedenkstein ein Gebinde nieder.

In seiner Ansprache erinnerte Bürgermeister Martin Obert, dass vor 69 Jahren die Hetzkampagne gegen die jüdischen Bürger auch in Ihringen ihren Lauf nahm. "Dass wir heute wieder ein akzeptabler Bestandteil Europas sind, haben wir Menschen zu verdanken, die Aufklärung über den Nationalsozialismus und über den Holocaust leisteten." Auch in Ihringen gebe es viele Bürger, die sich engagiert mit der jüdischen Vergangenheit der Gemeinde auseinander gesetzt haben, so Obert. Ehemalige jüdische Bürger Ihringens hätten mittlerweile ihre frühere Heimat wieder besucht und dabei starke emotionale Momente erlebt. Doch auch in einer solchen Phase der Aussöhnung könne man sich nicht zurücklehnen, betonte Obert. Dieser Prozess stelle immer wieder neue Anforderungen an die Gesellschaft. Auf den Prüfstand wurden diese Bemühungen gestellt durch die Schändungen des Jüdischen Friedhofs 1990 und 1991, die das Dorf bis ins Mark getroffen haben. "Ich war der Auffassung, dass diese bösen Schändungen, die ja auch mit Demonstrationen durch die Bevölkerung beantwortet worden waren, nicht vergessen, aber schon etwas in den Hintergrund gerückt waren" , erklärte Obert. Doch dass der Jüdische Friedhof vor wenigen Wochen erneut aufs schwerste geschändet wurde — 79 Grabsteine wurden umgeworfen — schockierte die Dorfgemeinschaft aufs Neue. "Ein Schlag ins Gesicht" auch für die jene, die sich seit Erlöschen der jüdischen Gemeinde hier in Ihringen um Verständigung und Aussöhnung bemüht haben. Auch nachdem die Täter gefasst wurden, könne man nicht zur Tagesordnung übergehen. Mit der Gedenkfeier schließe sich der Kreis der Erinnerung. Deswegen freute es Obert besonders, dass Schüler der Neunlindenschule auch dieses Jahr einen Beitrag zur Gedenkfeier leisteten. Sie trugen ein für die heutige Zeit umgeschriebenes Gedicht von Frank Hanger vor. Pfarrer Peter Boos ging auf die Tradition eines Jüdischen Friedhofes ein und Diakon Helmut Höfer las Klagelieder aus Jeremia.
12.11.2007, BZ


Steinmetze sanieren beschädigte Grabsteine auf jüdischem Friedhof

Die Steinmetze Bernd Haar aus Waldkirch und Stefan Schnakenwinkel aus Riegel sanieren beschädigte Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof in Ihringen

Den Zustand der Schändung auf dem jüdischen Friedhof in Ihringen schnellstmöglich zu beseitigen, hatte Regierungspräsident Sven von Ungern-Sternberg jüngst in Ihringen bei einer Gedenkveranstaltung gefordert. Das lag auch im Interesse von Bürgermeister Martin Obert, der hofft, dass die Restaurierungsarbeiten an den Grabsteinen noch vor dem Kälteeinbruch beendet sind. Die Arbeiten werden von zwei Steinmetzen ausgeführt, die auf Erfahrung in diesem sensiblen Bereich zurückschauen können.

Bernd Haar aus Waldkirch und Stefan Schnakenwinkel aus Riegel hatten nämlich unter anderem schon auf dem jüdischen Friedhof Oberöwisheim bei Karlsruhe eine Arbeitsgemeinschaft gebildet und ihre fachkundige und umsichtige Herangehensweise unter Beweis gestellt. Dies bewog wohl den Oberrat der Israeliten in Baden, die Beauftragung der beiden Steinmetze zu empfehlen. Nicht unwichtig dabei war auch, dass die beiden ihre Arbeit nahezu so verrichten können, wie es vor 100 Jahren üblich war. Haar und Schnakenwinkel kommen ohne Autokran aus, der auf dem jüdischen Friedhof nicht einsetzbar gewesen wäre. Lediglich ein rein mechanischer Portalkran hilft ihnen dabei, die Grabsteine anzuheben und zu bewegen.
Inzwischen sind die Arbeiten weit fortgeschritten, obwohl die vielen jüdischen Feiertage im letzten Monat die Tätigkeit immer wieder unterbrochen haben. Von den 87 umgeworfenen Steinen stehen etwa zwei Drittel wieder in einem, meist neu geschaffenen Fundament. Denn die Standfestigkeit der Steine ist für die beiden Steinmetze von oberster Priorität. "Wir überschreiten mit unseren Arbeiten die Mindestvorschriften um das Doppelte bis Dreifache" , erklärt Bernd Haar. Zu diesem Zweck verwenden die beiden Steinbildhauermeister längere und dickere Dübel sowie tiefere Verankerungen, als es unter normalen Umständen üblich ist. Daneben werden abgeplatzte Teile sorgfältig ihren angestammten Plätzen zugeordnet und so festgeklebt und bearbeitet, dass möglichst wenig von dem Schaden zu sehen ist. Bei vier der umgeworfenen Steine ist die Beschädigung allerdings so gravierend, dass sie kaum wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt werden können. Durch das Aufschlagen auf andere Steine sind sie in mehrere Einzelteile zerbrochen. Einfaches Kleben der Bruchstellen würde nicht die Stabilität bringen, die der gewünschten Standfestigkeit genügen würde, erläutert Stefan Schnakenwinkel. Hier muss letztlich der Oberrat der Israeliten in Baden, der ja auch Eigentümer des Friedhofes ist, entscheiden, wie weiter verfahren werden soll. Die beiden Steinmetze haben hierzu Restaurationsvorschläge erarbeitet, die vom Annehmen des Ist-Zustands bis zur Neuanfertigung und Nacharbeitung der Steine reichen. Von der Entscheidung in dieser Frage hängen die endgültigen Kosten für die Beseitigung der Schäden am jüdischen Friedhof in Ihringen ab. Mit knapp 50 000 Euro rechnet Bürgermeister Obert, 15 000 davon habe das Regierungspräsidium in diesem Jahr zugesichert. Den Rest werde man nächstes Jahr erhalten, wenn vom Land Baden-Württemberg zu diesem Zweck wieder Geld zur Verfügung gestellt wird. Selbstverständlich stelle die Gemeinde aber auch zivilrechtliche Ansprüche an die Täter, die im Falle des Erfolgs zur Rückzahlung der Zuschüsse an das Land Baden-Württemberg führen würden. Aber auch in Ihringen selbst habe es eine Initiative gegeben, die einen finanziellen Beitrag leisten wollte, erwähnte Obert nicht ohne Stolz. "In einem Geschäft wurde zu diesem Zweck ein Kässchen aufgestellt, in dem innerhalb weniger Tage 120 Euro zusammenkamen."
Friedel Scheer-Nahor , 19.10.2007

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